«Jedes Organ hat eine Emotion»

Esther Ott

Akupunkteurin, hat eine eigene Praxis für Traditionelle Chinesische Medizin TCM in Zürich
Das Wichtigste in Kürze
  • Während der Behandlung sitzt oder liegt der Patient und sollte sich möglichst entspannen
  • Die Nadeln werden in bestimmte Punkte auf den Körperbahnen (Meridiane) gestochen, durch die laut chinesischer Tradition das Qi (Lebensenergie) fliesst
  • Die Meridiane sind auf etwa 400 Akupunkturpunkten angeordnet, heute wird vor allem auf den 12 Hauptmeridianen praktiziert
  • Chronische Schmerzen werden am häufigsten behandelt
  • Kleine Kinder, Epileptiker und Menschen mit Hautkrankheiten sollten auf Akupunktur verzichten

Sie können grundlos und ohne jegliche Vorwarnung auftreten. Ängste und Panikattacken. Auch wenn keine echte Bedrohung der Auslöser ist, können Angststörungen unser Leben beherrschen. Akupunktur kann Linderung bis Abhilfe schaffen und ist eine weitere milde Alternative.

Angst geht unter die Haut. Die Akupunktur-Nadel auch, löst dort die Blockade des Qi (der Lebensenergie) und lässt es wieder frei fliessen - so die chinesische Tradition. Was bedeutet dies aber genau, warum fühlen sich Angstpatienten nach einer Behandlung nicht mehr ohnmächtig gegenüber ihren Ängsten, die nun zahmer, weniger übermächtig erscheinen?

Das Wichtige bei der Behandlung von Ängsten ist das seelische Gleichgewicht. Hierfür muss man die Patienten, dessen Leben und Ängste, gut kennen: Was verschlimmert die Angst, was wirkt lösend? Auf Basis dieser Anamnese und dem wichtigen Tool der Puls- und Zungendiagnose kann die Angstbehandlung beginnen.

Besonders an der chinesischen Medizin ist, dass jedes Organ einer Emotion zugeordnet wird. So wie das Herz für die Freude steht, die Milz für die Sorge, die Lunge für die Trauer und die Leber für den Zorn, so kommt die Angst förmlich aus den Nieren, erklärt Ott. Wenn die Ängste eines Patienten also durch vermehrte Sorgen entstehen und zu Herzklopfen führen, dann muss sie auch diese Organe, wie deren Punkte, bei der Behandlung berücksichtigen. Gestärkt werden muss aber auf jeden Fall die Niere, denn es gelte einen Teufelskreis zu durchbrechen, so Ott: Eine schwache Niere fördere die Angst, aber Angst wiederum schwäche die Niere. Daher soll Akupunktur ausgleichen und fördernd auf das vegetative Nervensystem wirken. Dies hat zur Folge, dass Angstsymptome wie Bluthochdruck oder unruhiger Schlaf zurückgehen. Viele Akupunktur Patienten können sogar völlig auf Psychopharmaka verzichten.

Aber auch Esther kennt die Skepsis. Sie gibt zu, auch für sie sei es hin und wieder wirr, wenn sie bedenkt, “da werden Nadeln in die Haut gesteckt, und es heilt dich”. Doch eben dieses Heilen ist das ausschlaggebende. “Es ist uns natürlich sehr fremd, aber es wirkt”.

«Kommt jemand mit Angst zu mir, mache ich erst einmal eine gründliche Anamnese»